Riesig nicht…

Ich liebe schwarzen Tee. Kaffee ist zwar auch ganz nett, aber morgens sollte es schon Tee sein. Schwarzer Tee mit Milch und braunem Kandis. Mein Tag fängt erst mit einer Tasse Tee richtig an.

Angefangen hat das vor ungefähr 30 Jahren. Damals haben srilankische Bürgerkriegsflüchtlinge bei uns im Haus gewohnt und in unserer bis dahin Filterkaffee und Kräutertee trinkenden Familie den schwarzen Tee eingeführt. Das war immer Ceylon-Tee mit Milch und (zuviel) Zucker. Die Gewohnheit, den Tee mit Milch zu trinken, habe ich beibehalten. Ohne Milch finde ich schwarzen Tee witzlos. Statt normalem Zucker nehme ich ein kleines Stück Kandis. Dann ist nur der letzte Schluck süß, und das gefällt mir.

Wo immer ich kann, nehme ich losen Tee, der schmeckt fast immer besser als Teebeutel. (Wer weiß schon, was da für fein vermahlener Dreck drinsteckt, man sieht das ja nicht. Und selbst wenn tatsächlich guter Tee abgefüllt wird, Aufguss aus Teestaub ist anders als aus Teeblättern.) Aromatisierter Tee kommt mir nicht in die Tasse. Wenn ich Bonbonwasser will, kann ich mir auch Bonbons aufgießen.

Bei der Zubereitung bin ich zugegebenermaßen etwas pingelig. Ich gieße mir das Zeug tassenweise auf – frisch schmeckt es einfach besser. In der Kanne auf dem Stövchen wird Tee schnell bitter, in der Thermoskanne ebenso. Früher habe ich beim Teekochen sogar mit der Stoppuhr gearbeitet, aber das war vielleicht etwas übertrieben. Normalerweise ist es völlig ausreichend, wenn es minutengenau geht.

Ein absolutes Muss beim Zubereiten von schwarzem Tee ist aber richtig kochendes Wasser. Wenn das Wasser beim Aufgießen nicht kocht, schmeckt der Tee hinterher meist seifig. Da wäre man stattdessen mit Instantkaffee besser bedient. Außerdem gehört die Tasse vor dem Aufgießen mit heißem Wasser vorgewärmt.

Das mit dem kochenden Wasser scheint in der Gastronomie weitgehend unbekannt zu sein, jedenfalls wird es nach meiner Erfahrung bis in die besten Häuser hinauf kaum je berücksichtigt. Man kann sich fast nirgendwo schwarzen Tee bestellen – in den allermeinsten Fällen wird der mit mehr oder weniger heißem, aber eben nicht kochendem, Wasser aus einer der üblichen Gastronomie-Allround-Kaffee-Maschinen aufgegossen. Oder noch schlimmer: Man kriegt ein Kännchen heißes Wasser, und der Teebeutel liegt daneben, damit der Kunde ganz allein entscheiden kann, wie lange der Tee genau ziehen soll.

Ganz schlimm ist es, wenn sie auch noch Metallkannen nehmen, da kühlt das Wasser noch schneller ab. Vielleicht sogar welche, wo vorher mal Pfefferminztee drin war. Dass man Kaffeekannen nicht für Tee nehmen sollte, hat sich einigermaßen herumgesprochen, aber dass Pfefferminztee die Kannen genauso penetrant verdirbt, scheinen viele Wirte nicht zu wissen. Und wenn sie selbst keinen schwarzen Tee trinken, haben sie auch kaum eine Chance, das herauszufinden. Schade eigentlich, guten Tee zu kochen ist keine Wissenschaft.

Egal, zuhause kann ich den Tee immerhin so machen, wie sich das gehört. Manche nennen das Pingeligkeit oder Erbsenzählerei. Ich finde, das ist einfach nur ein ausgeprägtes Qualitätsbewusstsein, völlig berechtigt. Man hat halt Geschmack…

Autor: gnaddrig

Querbeet und ohne Gewähr

12 Kommentare zu „Riesig nicht…“

  1. Ich finde es toll, wenn man solche alltäglichen Handlungen ordentlich zelebriert! Das gibt der Sache die nötige Besonderheit, dagegen ist absolut nichts einzuwenden. Weiter so! Viele Grüße, Cali

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  2. Finde ich auch, vor allem, wenn sich der Aufwand in überschaubaren Grenzen hält. Eine Teezeremonie, die jedesmal eine Dreiviertelstunde dauert und für die man viele und vielleicht teure Zutaten und Geräte braucht, wäre mir den Aufwand wahrscheinlich nicht wert. Oder nur, wenn das Ergebnis dann auch ganz erheblich besser ist als alles, was man ohne erreichen kann.

    Aber loser Tee, ein Dauerteefilter und die eine Minute, bis das Wasser wirklich kocht – das ist kaum Extraaufwand. Soviel Zeit muss sein…

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  3. Bin vor einiger Zeit auch auf Tee morgens umgestiegen, Daarjeeliing. Meine Teebegeisterung habe ich von einem auf England spezialisierten Restaurator. Und bei uns gibt es ein Lokal was sich auch auf England spezialisiert hat, samt Tee und Kuchen – YES, das ist lecker. Früher hatte ich mal überlegt ein Teehaus aufzumachen, weil es eben draufankommt wie.. wie Du es auch beschreibst.

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  4. Teehäuser sind was Schönes. Ich habe vor einer Weile eines entdeckt: den First Flush Tea Room am Markt in Bonn. Das ist leider weit außerhalb meines normalen Aktionsradius :/

    Der Tee war gut dort und wurde in kleinen Tee-Service serviert, jedesmal in einem anderen. Die haben anscheinend ganz viele verschiedene Service, keine gesichtslose Massenware. Das hat mir gefallen. Und die Leute waren nett und fähig. Kann ich nur empfehlen!

    (Anmerkung: Ich habe mit den Betreibern des Ladens nichts zu tun.)

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  5. Also, bei mir muss immer Kardamom (ganze Schoten) in den (schwarzen, mit grünem habe ich es noch nicht probiert) Tee… aus welchem Land diese Sitte stammt brauche ich wohl nicht zu erwähnen!

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  6. Kardamom ist gut, aber das geht ein bisschen anders, nicht einfach so normal in den Tee. Da bringt man schwarzen Tee, Kardamom, Zimt, Nelken, Pfeffer, Ingwer und Zucker in Wasser zum Kochen, lässt das zehn, fünfzehn Minuten köcheln, füllt es mit derselben Menge Milch auf und lässt das nochmal mindestens zehn Minuten köcheln. Gibt nichts besseres

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  7. Richtig, das ist eine gute Grundlage (und, da rotbuschbasiert, auch für Kinder geeignet). Aber da ist im Vergleich zuwenig Kardamom, Nelke und Zimt drin. Ich nehme die Teebeutel, ergänze die drei genannten, tue schwarzen Tee dazu. Man ist ja wer und trinkt nicht von der Stange 😉

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