Unvorbeigehbar

Neulich bin ich an einem Laden vorbeigekommen, der im Schaufenster mit folgendem Satz wirbt:

Das ist „unvorbeigehbar!“

Der Laden ist an der Stelle neu und heißt Fashion Outlet. Das ist branchenüblichs neudeutsch-denglisches Werbesprech, da wird so mancher Sprachnörgler sofort bis an die rote Linie hochdrehen und sich eine am französischen Vorbild orientierte gesetzliche Regelung über die Verwendung der deutschen Sprache (und über die Nichtverwendung gewisser anderer Sprachen und deren Derivate) im öffentlichen Raum wünschen.

Ich mag den Stil auch nicht besonders, dieses zwanghaft moderne möchtegerncoole Gespreize, aber wenn die Leute sich so ausdrücken wollen, kann man da wenig machen. Ich lasse mir ja auch nicht den Mund oder bestimmte Ausdrucksweisen verbieten, bloß weil sie jemand doof findet.

Aber sogar in diesem entsetzlich kulturlosen Milieu mit Fashion Outlets statt Damenmoden und Sales statt Winterschlussverkäufen ist die deutsche Sprache lebendig und produktiv. Da hat sich tatsächlich jemand aus rein deutschen Zutaten das Wort unvorbeigehbar ausgedacht. Sowas dürfte es gar nicht mehr geben, wo doch die deutsche Sprache am Aussterben ist!

Ob die sich das Wort hier selbst ausgedacht oder es anderswo abgekupfert haben, weiß ich nicht. Derzeit kriege ich ungefähr 961 Treffer bei Google, die verweisen anscheinend überwiegend auf irgendwelche Läden, und wer in der Modebranche tätig ist, kennt die vielleicht. Oder verschiedene Leute haben sich das Wort unabhängig voneinander ausgedacht, das kommt ja auch vor. Aber egal wer sich das wann, wo und warum ausgedacht hat – die Wortschöpfung an sich finde ich genial. Unvorbeigehbar, das hat was. Da kommt man nicht dran vorbei.

Magst ruhig sein, lieb Vaterland, man spricht noch Deutsch…

Autor: gnaddrig

Querbeet und ohne Gewähr

15 Kommentare zu „Unvorbeigehbar“

  1. Pffff, immer diese zwangsgedeutschten Anglizismenvermeidungsstrategiewörter. Unvorbeigehbar klingt ähnlich wie unkaputtbar, wobei letzeres ja noch witzig ist.

    Wie schön autoritär und bestimmt klingt da doch Gandalfs You cannot pass!“ aus der Ringknechtstrilogie. Das bekommt die deutsche Synchronfassung mit „Du kannst nicht vorbei!“ in diesem Stil gar nicht hin und klingt eher wie ein müdes Gähnen. Und man stelle sich vor, die Synchronisation hätte sich für „Hier ist unvorbeigehbar!“ entschieden…

    Ich hatte mal für jemanden einen Zähler gebaut und die Druckknöpfe mit „up“ und „down“ beschriftet, weil mir „aufwärts/abwärts“ zu lang und „hoch/herunter“ zu albern war. Selbst die verkürzte Version „rauf/runter“ war mir noch zu lang/zu albern.
    Und wie angenehm klingt doch ein „Let´s dance“ gegenüber einem „Lass (uns) tanzen“.

    Sprache darf meiner Ansicht nach alles aus dem Ausland übernehmen, was Spaß macht, und der Verein der deutschen Sprache kann mich mal. 😉

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  2. Mich auch, der Verein! Mich nervt an dem grassierenden Gewerbedenglisch das meistens reichlich fadenscheinige Zwanghaft-Weltläufige, mit dem man Ideenlosigkeit und Gewöhnlichkeit zu kaschieren versucht.

    An unvorbeigehbar gefällt mir gerade die Ähnlichkeit zu unkaputtbar, nämlich dass es (hoffentlich) nicht allzuernstgemeint daherkommt. Und ich glaube auch nicht, dass hier zwanghafte Anglizismenvermeidung vorliegt, das würde mich bei einem Laden wundern, der Fashion Outlet heißt…

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  3. Ja, da gebe ich Dir recht. Diese Zwangsweitläufigkeit wirkt schon zumeist recht befremdlich bis albern. Übrigens denke ich merkwürdigerweise bei Fashion immer an Lampen, bei Outlet immer an Fleisch, wahrscheinlich von Kotelett. Aber bei „unvorbeigehbar“ schüttelt es mich genauso wie beim „Klapprechner“, auch wenn ich es nicht so ernst nehme. 😀

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  4. Einer Sprache tut beide gut: Input (!) von draußen, Evolution und Metamorphose von innen heraus. Ich bin froh, dass (so empfinde ich es) sich im letzten Jahrzehnt wieder einiges „von Innen her tut“, nachdem lange Zeit hauptsächlich eingedeutscht wurde. Wir werden lockerer 🙂

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  5. @Nesselsetzer: Was dem einen sin Uhl, ist dem andern sin Nachtigall, und das ist auch gut so 🙂

    @Pfeffermatz: Hast recht, und vor allem ist es sinnlos, das eine oder das andere verhindern zu wollen. Wortschatzlücken werden gefüllt, sei es mit Importware oder Eigenbauten, und während man den eigenen Sprachgebrauch nach beliebigen Kriterien ausrichten kann, ist es unmöglich, den anderen vorzuschreiben, wie sie sich auszudrücken haben. Mit den (subjektiv als solche empfundenen) Scheußlichkeiten, die sich dabei beinahe zwangsläufig ergeben, muss man einfach leben. Je lockerer, je besser.

    In dem Zusammenhang ist ein Artikel auf The Stroppy Editor interessant: Lynne Truss’s linguistics lesson

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  6. Grundsätzlich muss ich wohl mein grauseliges Schütteln hier erklären. Ich bin mir durchaus bewusst, dass Sprache lebendig ist und sich stets verändert und finde den dabei immer wieder auftretenden Neologismus völlig ok. „Genmais“ klingt angenehm, „unvorbeigehbar“ genauso wie „unkaputtbar“ aber ziemlich holprig, und dabei gruselt es mich ein wenig. Und das Wort „Klapprechner“ finde ich deshalb ziemlich doof, weil sich „Notebook“ oder „Laptop“ längst etabliert hatten und die deutsche Version bewusst als vereinsdeutsche Gegentrendsmeierei eingeführt wurde. Hurz!

    Außerdem bevorzuge ich Eulen… 😉

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  7. Die Einstellung, die zu solchen verkniffenen Zwangseindeutschungen führt, finde ich auch doof. Das Wort Klapprechner finde ich davon abgesehen aber ganz gelungen. Benutze ich nicht, funktioniert aber wenigstens und klingt (für mich) nicht allzu gekünstelt. Aber Du hast recht, Laptop und Notebook waren schon etabliert, da gab es gar keinen Bedarf für ein neues Wort.

    Und Eulen sind cool 🙂

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  8. Dagegen ist „Rechner“ ein etablierter deutscher Begriff für Kompjuhter, den vor allem berufsmäßig „Rechnende“ benutzen. Vielleicht hat der Begriff sich etabliert und den „Computer“ zum Teil wieder verdrängt, weil er eben nicht bemüht, sondern natürlich ist.

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  9. Stimmt, Rechner höre ich bei uns oft. Und da Notebooks mittlerweile Standard sind, geht man in der Regel davon aus, dass mit Rechner so ein Klappdingens gemeint ist. Wenn man einen altmodischen Tower hat, muss man das dazusagen. Das Notebook ist immerhin seit längerem dabei, den PC als Standardgerät abzulösen und wird u.U. zumindest in bestimmten Bereichen gerade von Tablet und Smartphone überholt. Und in 10 Jahren arbeiten wir sowieso alle mit Datenbrille und virtuellen Eingabegeräten…

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  10. Da gebe ich Dir recht, Pfeffermatz. Jetzt wo Du es sagst fällt mir auch auf, dass ich zu Hause je nach Laune mal am Computer oder am Rechner sitze. Beim „Klapprechner“ verdrehen sich mir allerdings immer noch die Ohrläppchen 😉

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In den Wald hineinrufen

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