Take me to your leader

Immer wieder wird berichtet, Außerirdische hätten die Erde besucht, um mit der Menschheit Kontakt aufzunehmen. An allen Ecken und Enden wird außerirdische Einmischung vermutet oder herbeifantasiert. Auch deutet man gern historische und prähistorische Ereignisse so um, dass sie irgendwie mit Außerirdischen zu tun haben. Man findet etwa Darstellungen von Astronauten an jahrhundertealten Kathedralen, findet Ufos und Außerdische auf Hieroglyphen, Laptops im antiken Griechenland und so weiter und so fort. Der Eingeweihte kennt die einschlägigen Stichwörter, etwa Area 51, Roswell, die Pyramiden in Ägypten und in Zentralamerika, Tibet, Neuschwabenland im hohlen Erdinneren, Ufo-Sichtungen.

Ganze Geschäftsmodelle basieren auf diesem Unfug. Erich von Däniken und andere verdienen mit einschlägigen Büchern und Vorträgen ihr Brot, die Raelianer glauben, die Menschheit sei von Außerirdischen gebastelt worden, und eine blühende Industrie wuchert um das Geschäft mit dem Außerirdischen, sei es, dass man sich an sie ranwanzen will, sei es dass man sich vor ihnen schützen will.

Die Außerirdischen, heißt es oft, seien technisch und auch sonst in jeder Hinsicht unendlich viel weiter fortgeschritten als die Menschheit, hätten eine allerhöchstentwickelte Zivilisation und versuchten seit Langem immer wieder, mit der Erdbevölkerung Kontakt aufzunehmen. Entweder, und da ist man sich nicht einig, um unsere technologischen Errungenschaften abzugreifen, oder um zu erforschen, ob man uns irgendwie nutzbar machen kann, etwa als Labortiere (wofür auch die vielen Berichte sprechen, nach denen einzelne Menschen von Außerirdischen entführt, einer gründlichen körperlichen Untersuchung unterzogen wurden, erstaunlich oft einschließlich analsexartigen Dingen). Oder natürlich, um uns – weil sie uns so unendlich lieb haben – endlich auf ein verträgliches zivilisatorisches Niveau anzuheben und uns auf eine Bewusstseinsebene zu hieven, für die wir uns nicht mehr schämen müssen.

Für mich als Übersetzer ist dabei am Interessantesten, wie die Außerirdischen versuchen, mit uns zu kommunizieren, nur mal angenommen, sie tun das tatsächlich. Das Mittel der Wahl könnte der Kornkreis sein. Kornkreise werden seit Jahrhunderten beobachtet, die ersten historischen Erwähnungen stammen aus Frankreich (spätes 16. Jahrhundert) und England (18. Jahrhundert). Seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts ist ein signifikanter Anstieg der Häufigkeit zu verzeichnen (näheres hier).

Über die Urheber der Kornkreise ist nur bekannt, dass sie Außerirdische sein müssen, weil Menschen – ist man sich ganz, ganz sicher – solche Muster gar nicht herstellen könnten, ohne ganz viel Getreide um die Muster herum zu zertrampeln oder sonstige nachweisbare Spuren zu hinterlassen. Weil man noch nie die Herstellung eines Kornkreises durch Menschen beobachtet hat (angebliche Videobeweise von mutmaßlichen Witzbolden zählen hier natürlich nicht, die können ja nur fabriziert sein). Weil Menschen sowieso nie so etwas Sinnloses wie Kornkreise machen würden (egal ob man die jetzt skurril, sinister oder ästhetisch ansprechend findet). Und weil außerdem an den Kornkreisen jede Menge Energien, Schwingungen und andere Spuren außerirdischer Präsenz fühlbar sind. Echt, kann jedes Medium, kann jeder hinreichend sensible Mensch bestätigen.

Über den Zweck der Kornkreise kann man ebenfalls nur Vermutungen anstellen, aber es erscheint am Plausibelsten, sie als Versuche der Kontaktaufnahme zu interpretieren, als Versuche der Übermittlung bestimmter Informationen. Was für Informationen das sein könnten, wird noch herauszufinden sein.

Nun spricht einiges dafür, dass Außerirdische – entgegen der eingangs erwähnten Behauptungen – gar nicht so furchtbar fortschrittlich sind. Ihre (mutmaßlichen) Versuche, mit der erleuchteten (oder zu erleuchtenden) Menschheit zu kommunizieren, sind bislang durchweg schiefgegangen, genau wie die der Menschheit in umgekehrter Richtung übrigens auch. Jedenfalls ist bisher kein Fall von erfolgreicher Kommunikation belegt. Darum ist es an der Zeit, mal die Grundlagen für bessere Kommunikationsmöglichkeiten zu legen. Eigentlich hätte mir ja ein Wörterbuch Kornkreis – Deutsch vorgeschwebt. Das wäre angesichts des kargen Datenmaterials aber vielleicht noch eine Nummer zu groß, deshalb beschränke ich mich für den Anfang auf ein paar grundlegende Überlegungen.

Bei ersten Versuchen der Kontaktaufnahme würde ich mindestens eines der folgenden Elemente erwarten:

  • Frage nach Hilfe (Werkstatt, Mechaniker, Treibstoff, Wechselstube; Auskunft zu Regeln und Gepflogenheiten auf der Erde; Wegbeschreibung, ein gutes Hotel, eine Kneipe)
  • Plausch am Gartenzaun („Habt Ihr auch so viele Asteroiden? Bei uns wird das immer schlimmer, und die letzten Jahre hatten die immer öfter so ein fieses Methan-Xy-Gemisch, ganz übel!“, „Kuck mal, mein neuer Starhopper mit feinstofflichem Quantentunnelspiegelantrieb und Informationswellenenergiespektralwandler, voll die Rakete!“)
  • Reklame („Jedes vierte Schaltjahr Happy Hour im Restaurant am Ende des Universums. Gargelblaster zum halben Preis. Zu jedem Hauptgericht ein kleines Schwarzes Loch gratis!“)
  • Inbesitznahme (Äquivalent zur Flagge am Strand eines „neu entdeckten“ Stücks Land als Zeichen der Inbesitznahme. Demnach wäre die Erde (oder zumindest die kornbekreisten Länder, je nachdem, wie diese Außerirdischen rechnen) Kolonie mindestens eines intergalaktischen Imperiums.)
  • Warnungen („MENE, MENE, TEKEL, UPHARSIN“, „Das Ende ist nahe!“, „Einspruchsfrist gegen Sprengung des Sonnensystems läuft Ende des Monats ab! Jetzt unbedingt noch Widerspruch einlegen bei der Galaktischen Föderation des Lichts, Regionalbüro auf Kepler-452b.“)

Da die Kornkreise – so elaboriert die Muster teilweise sind – für solche Mitteilungen nicht komplex genug sein dürften, vermute ich, dass es sich um eine Art Referenz handelt, ähnlich den QR-Codes, die im einfachsten Fall eine Internetadresse enthalten. Wenn das so ist, müsste nur noch ein intergalaktischer Internetanbieter einen Zugangspunkt auf der Erde installieren und die Spezifikationen der Kornkreise-Codes übermitteln, damit wir die verlinkte Information dann auch lesen können. Bis dahin bleiben wir und sie wohl incommunicado…

Autor: gnaddrig

Querbeet und ohne Gewähr

14 Kommentare zu „Take me to your leader“

  1. Aber immer noch keine Aliens, außer die hätten die beiden schwarzen Löcher zusammengehauen, um „ein Zeichen zu setzen“ oder eben „Ist da wer?“ in den Raum zu rufen…

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  2. 🙂

    Das nicht, aber jetzt können wir etwas besser hinhören.
    Science-Fiction-Fans allerdings wirds enttäuschen zu lesen, daß die neuentdeckten Gravitationswellen wahrscheinlich ein Bissl langsamer sind als das Licht. Wieder rücken Warp-Antrieb (funktioniert der nicht sehr ähnlich, klingt nur weniger schön?) und überlichtschnelle Kommunikation (wenn man noch länger warten muß auf Anwort…) ein Stück weiter in die Ferne. Mist.

    Was nutzt es denn, wenn es „da draußen“ vielleicht jemand anderen gäbe, aber so weit weg daß eine Kommunikation oder auch nur ein Sichtbarsein unmöglich ist?

    Und „weit weg“ muß garnicht so weit sein. Letztens habe ich etwa 100 Jahre alte Filmaufnahmen gesehen, von einer Reise nach Jerusalem 1913 (nicht die Version mit einem Stuhl zuwenig…). Es sind auch öfter Leute zu sehen, in ruckeligem Schwarzweiß. An einer Stelle guckt ein kleines Mädchen neugierig, was der Fotograf denn da so macht. Und als ich mich gewundert habe, wer das wohl ist – habe ich realisiert: war. Jede einzelne Person die ich so sehe gibt es nicht mehr, längst nicht mehr. Das Mädchen, vielleicht war sie selbst Fotografin oder Ladenbesitzerin, Wissenschaftlerin oder Soldatin; hatte vielleicht eigene Kinder, Enkel oder Urenkel; vielleicht ist sie schon vier Jahre später ermordet worden oder steinalt Ende des letzten Jahrhunderts friedlich entschlafen. Inzwischen aber ist sie sicher tot.
    Und ihre Welt war eine ganz, ganz andere als die in der ich die Bilder sehe.
    Das waren „nur“ 100 Jahre, und ein sehr ähnliches „anderes Ende“ wie mein Ende hier. Hätte sie mir etwas geschrieben, ich könnte zumindest jemanden finden der es mir vorliest und übersetzt – und nachdem die Leute vor 100 Jahren zwar ein wenig anders gedacht haben als wir, aber zumindest dieselbe Methode des denkens (die menschliche) dazu gebraucht haben; würde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch genau das bei mir ankommen was sie sagen wollte. Antworten könnte ich höchstens ihren Urenkeln. Falls es die gibt.

    In 50 Lichtjahren Umkreis gibt es sicher niemanden da draußen. Weiter weg … nun, nachdem ich mir vorstelle wie es wäre mit jemandem zu „reden“ der „nur“ so weit weg ist?
    Was wenn die anderen fünfzigtausend Lichtjahre weg sind? Oder 100 000, am anderen Ende der Galaxie? Rein rechnerisch müßte es zwar etwa viermal Leben in einer Galaxie geben das genug Bewusstsein hat um sich zu fragen ob noch jemand anders da ist – aber bei diesen Dimensionen: Kontakt? Nö.
    Wenn nicht gar die anderen drei am gegenüberliegenden Ende „Auf einem Haufen sitzen“ oder unsere Milchstraße der statistische Außreißer ist in der es nur uns gibt. Oder es gibt auf der anderen Seite jemanden, der jetzt funkt, dann ist das in 100 000 Jahren hier. Toll.

    Und die Aliens der Verschwörungstheoretiker wissen nicht mal, was sie wollen. Nicht auffallen? Wenn sie überhaupt herkommen können haben sie bestimmt so eine ausgefeilte Technik, die können sich so gut verstecken die finden wir nie. Auch Verschwörungsfuzzies nicht. Doch gesehen werden? Warum landen sie dann nicht auf der Champs Elysees oder in der Altstadt von Jerusalem? Zur Rush Hour?

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  3. Worauf ich rauswollte, war was 100 Jahre Geschichte, Zeit die vergeht, unsere Welt schon verändert haben.
    Und dann die Vorstellung sie abzuwarten. Ob dann überahupt noch jemand wartet oder im selben Sinne antwortet wie der ursprüngliche am anderen Ende…

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  4. Hast recht, selbst wenn es irgendwo wen gäbe, wäre sinnvolle Kommunikation wegen der langen Signallaufzeiten nicht möglich (oder wir kriegen ein Szenario wie in Per Anhalter durch die Galaxis mit der ultimativen Frage, wo jahrtausendelang immer eine bestimmte Anzahl Leute auf das Entgegennehmen der ultimativen Antwort vorbereitet werden, während es sich ringsum auch ohne diese Antwort ganz gut lebt und niemand das am Ende wirklich braucht.

    Andererseits, könnte man argumentieren, müsste man über Wege nachdenken, die Kommunikation zu beschleunigen, also schneller als Lichtgeschwindigkeit. Vielleicht quantenmäßig, mit verschränkten Dingern? Die sollen ja gleichzeitig auf denselben Impuls reagieren. Vielleicht geht da was? Muss ich mal drüber nachdenken…

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  5. @ Aurorula: Es gibt eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass das kleine Mädchen noch lebt. Wenn sie 1913 ca. 4 Jahre alt war, wäre sie jetzt 103. Das ist schon ziemlich alt, aber der aktuell älteste Mensch (hab ich gestern im Deutschlandradio gehört) ist 112. Und es gibt eine gewisse Chance, dass ihre Kinder noch leben, die wären heute zwischen 80 und 90.

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  6. @ Achim: Stimmt, sie könnte selbst noch am Leben sein, erst recht ihre Kinder. Aber trotzdem zeigt das Beispiel, wie weit 1913 zurückliegt. Und das sind bloß 100 Jahre, wenn wir hier von tausenden von Jahren sprechen. Als Maßstab ist das jedenfalls ziemlich eindrücklich.

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  7. Manche, die sich beruflich mit sowas beschäftigen, befürchten übrigens, Außerirdische könnten unter Umständen bösartig sein und es könne deshalb eine gute Idee sein, sich von ihnen nach Möglichkeit nicht einfach so finden zu lassen. David Kipping und Alex Teachey von der Columbia University in New York schlagen zu diesem Zweck vor, die Erde mit Laserstrahlen zu tarnen, die die Entdeckung der Erde mit dem Transitverfahren erschweren oder unmöglich machen könnten: Laser-Tarnkappe soll gefährliche Aliens täuschen. Da wünsche ich viel Spaß beim Einwerben von Drittmitteln…

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In den Wald hineinrufen

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