Ich sei, gewährt mir die Bitte…

Man weiß ja, dass das, was in der westlichen Welt als Yoga verkauft wird, ein sehr vereinfachender, extra für westliche Seelen zusammengeschusterter New-Age-Hokuspokus ist, der mit indischer Philosophie und Körperlichkeit allenfalls den Namen gemein hat und sich nicht recht entscheiden kann, ob er Esoterik, Lebenshilfe oder Sport oder eine Mischung daraus sein will.

Ähnlich ist es mit der als TCM verkauften chinesischen Medizin, die im Prinzip eine nach westlichem Vorbild systematisierte, ansonsten völlig anachronistische Hausmittelmedizin vom Land ist, mit der man die medizinische Versorgung der Massen sicherstellen wollte, als es für evidenzbasierte Medizin nicht genug Geld im Land gab. Witzig ist dabei, dass man der einheimischen Bevölkerung in China mit dieser Systematisierung im westlichen Stil ursprünglich den Anschein von Wissenschaftlichkeit in der Medizin vorspiegeln wollte, aber später begann, dasselbe Konzept esoterisch geneigten Westlern als Altes Wissen zu verkaufen.

Fernöstlich Angehauchtes erfreut sich jedenfalls großer Beliebtheit. Überall gern gesehen ist etwa das im Daoismus beheimatete Gegensatzpaar Yin und Yang. Das ist fernöstlich (gut!), alt (besser!), geheimnisvoll (noch besser!) und kann überall benutzt werden und fast alles bedeuten (noch ganz viel besserer!).

Was die geheimnisaffinen Fernostfans uns aber verschweigen ist, dass es eigentlich kein Gegensatzpaar ist, sondern eine Trias der Gegensätze. Die Verschlungenheit ist viel filigraner, das Gleichgewicht viel heikler als die spröde Dualität von Yin und Yang insinuieren. Eigentlich heißt es nämlich Yin, Yang und Yong.

Woher ich das weiß? Ich habe mir eine schon etwas angenagte Simson S50 genauer angeschaut, und da prangt das richtige, vollständige, dreiteilige Symbol auf einem Abdeckblech unter dem Tank:

yin_yang

Nur die im bekannten zweiteiligen Yin-Yang-Symbol üblichen Punkte in den Tropfen haben sie – wohl aus blechbearbeitungstechnischen Gründen – nicht abgebildet. Außerdem ist das Ding einfarbig ausgeführt.

Egal, damit bewahrheitet sich jedenfalls die alte Volksweisheit, nach der man kein besseres Versteck finde als die völlig unverhüllte Öffentlichkeit. Oder ist vor mir jemals jemandem aufgefallen, dass man uns mit der Beschränkung auf Yin und Yang seit Urzeiten um ein Drittel des Geheimnisses betrogen hatte und die Wahrheit spätestens seit 1978 vor aller Augen kackfrech durch die Straßen schraddelte?

Jetzt muss nur noch wer rausfinden, wofür das Yong denn nun steht und ob Yin und Yang unverändert bleiben oder ob sie jeweils einen Teil ihrer Bedeutung an das unterschlagene Yong abgeben müssen…

Autor: gnaddrig

Querbeet und ohne Gewähr

15 Kommentare zu „Ich sei, gewährt mir die Bitte…“

  1. Ähemm, also, es sind in Wahrheit vier kosmische Teil-Ganzes-Eigentlichkeitskomponenten, die da umeinanderwirbeln, nämlich Jing, Jang, Jong und Yumm, die das Leben, den Kosmos, den Geist und alles dazwischen er-, ab- und umbauen in beständigem Daseinsfleiße.
    Aber pardon, dass ich das vierteilige Hakending hier nicht abbilde oder verlinke!, denn es ähnelt einem, wie soll ich sagen, gewissen, Teils sogar verbotenen und überhaupt recht übel beleumundeten *räusper* Hakending in ziemlich erschreckender Weise.

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  2. Ja, das vierteilige Dingens lassen wir mal beiseite. Kann gut sein, dass vier sowieso nicht der endgültige Stand ist.

    Vielleicht ist es ähnlich wie mit den verschiedenen Sorten Geschmacksrezeptor auf der Zunge. Jahrzehntelang haben sie uns weisgemacht, es gebe drei, nämlich süß, salzig und bitter. Dann kam umami als große Sensation, und jetzt glauben manche, es gebe noch würzig, herzhaft, fluffig und was weiß ich noch. In ein paar Jahren haben wir ein Dutzend Geschmacksrichtungen auf der Zunge und die Kartographie davon ist so kompliziert wie ein Diagramm für Fußreflexzonenmassage, und von den begleitenden/ergänzenden Geruchsempfindungen haben wir noch gar nicht angefangen.

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  3. Klar, das haben von Dänekens Außerirdische irgenwann mitgebracht, die Kelten haben es gefunden bzw. offenbart gekriegt und es dann von Druidenmund zu Druidenohr weitergegeben, bis ein Maschinenbauer in Suhl das Geheimnis gelüftet hat. Voll plausibel, finde ich 😉

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  4. Aber Gnaddrig!, sey getröstet, justement die Wikipedische ist doch schon lang von Putins Mannen völlig und immer völliger durchdrungen, die da versuchen, jeden Beweis für Außerirdische und altes chinesisch-keltisches Wissen zugunsten dürrer und immer dürrerer Dürrfakten zu leugnen, und zwar zu Gunsten der illuminatisch-großneozaristischen Halbweltverschwörung.

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  5. Es ist ein spannendes Psychologikum. Die erste Auffälligkeit bei Esoterikern, ist ihr Wille zur Vereinfachung des Komplizierten, obwohl sie das Komplizierte als Alternative zur vermeintlichen Einfachheit der Wissenschaftlichen produzieren, die das wiederum anders herum betreiben. Dabei gehen mitunter die Grenzen baden. Das ist ein bisschen wie mit dem modernen „systemischem“ Astrologen, während die Systemtheoretiker sich auch nicht mehr wirklich sicher sind, was jetzt produzierte Mischung oder ihr Glaube ist. Die Einfachheit spricht dabei vom Chaos, aber so einfach kann man es nun mal auch nicht sehen. (Geiles Moped übrigens)

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  6. Wobei jeder, Eb, der leugnet, dass der Mensch vier Wesensglieder (physischer, Äther-, Astralleib, Geistselbst und Lebensgeist) hat, nein, also fünf, fünf!, denn es ist komliziert, wobei also jeder, Eb, der dies leugnet und dazu nicht wahrhaben will, dass die Erde einst die saturnische und dann die Sonnenverkörperung durchlaufen hat, um bald wieder eine neue zu durchlaufen (welche?!, ich hab’s vergessen!, denn das ist nun wirklich kompliziert!), wobei also nun wirklich jeder, Eb, der dies und das Andere leugnet, ein kalter Intellektualist und Materialist ist, der die Welt und den Rest in ahrimanische Höllentiefen gleiten lassen will.
    So ist das nun mal.

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  7. Vielleicht ist es ähnlich wie mit den verschiedenen Sorten Geschmacksrezeptor auf der Zunge. Jahrzehntelang haben sie uns weisgemacht, es gebe drei,[…] Dann kam […] und jetzt […] was weiß ich noch.
    Das wird so sein wie mit den Elementen – ursprünglich vier, inzwischen 116 and counting…

    Gerüchte daß das nun freilich beim Jinjang genauso ist, nur umgekehrt von 116 nach 2, konnten bislang nicht bestätigt werden.

    Das andere was mir noch einfällt:
    In den 50er Jahren hat ein Journalist der New York Times ein Zahlenrätsel erfunden, das er number place nannte, und das im Prinzip aus vereinfachten Eulerschen Quadraten zum selbstergänzen bestand. Diese Rätsel dümpelten auf der Rätselseite der Times ein paar Jahre vor sich hin, hatten aber ihre Liebhaber und blieben deswegen eine zeitlang erhalten. Irgendwann nahm ein Botschaftsmitarbeiter eine Ausgabe der Times mit nach Japan – wo ein anderer Zeitungsmensch das Times-Number-Place-Zahlenrätsel entdeckte. In Japan waren die Number-Place-Quadrate ein spontaner Hit und wurden sehr, sehr beliebt. Freilich bekamen sie zuerst einen japanischen Namen: Sudoku.
    Und unter diesem Namen wurden sie dann nach Amerika und Europa reimportiert und auch dort sehr, sehr beliebt …
    Inzwischen legt der Ursprungsort des Rätsels alle halbe Jahre fünf Grad östliche Länge und fünfzig Jahre Geschichte zu. 🙂

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In den Wald hineinrufen

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