Probeabo

Vor Jahren habe ich im Urlaub ein Probeabonnement bei einer dortigen Lokalzeitung abgeschlossen. Das kam so: An unserem ersten Urlaubstag hatte das Blatt einen Stand am Ausgang „unseres“ Supermarktes. Sie boten zwei Wochen Probeabo umsonst, endet automatisch. Vorgesehene Bearbeitungszeit (d.h. Zeit bis zur Zustellung der ersten Zeitung) drei bis vier Arbeitstage, höchstens eine Woche. Klasse, dachte ich, lokale Tageszeitung in der zweiten Urlaubswoche, warum nicht. Mein Hinweis, dass ich nur Urlauber war und das Blatt sowieso nicht dauerhaft abonnieren würde, wurde mit einem freundlichen Macht nichts quittiert. Vermutlich wurden die Anwerber pro Probeabo bezahlt. Wieviele reguläre Abonnements daraus am Ende wurden, hat die darum nicht interessiert. Mir kam’s zupass.

Was allerdings den ganzen Urlaub lang nicht kam, war die Zeitung. Fand ich ein bisschen schade, war aber auch kein großer Verlust – wir hatten ja nichts bezahlt, und wenn die Zustellung nach unserer Abreise zustandekäme könnte der nächste Urlaubsgast zwei Wochen lang kostenlos die Lokalzeitung lesen. Kein Problem, es sei ihnen gegönnt.

Als wir auf der Heimfahrt waren, rief dann jemand von der Küstenzeitung an, wie uns das Blatt denn gefallen habe und ob wir vielleicht dauerhaft abonnieren wollen würden. Die Mitteilung, wir hätten bisher noch keine einzige Zeitung gesehen, wurde mit erstauntem Bedauern quittiert. Ich habe dann gebeten, uns aus ihrer Potenzielle-Abonnenten-Datenbank zu streichen und nicht mehr anzurufen, weil wir ja nun in Süddeutschland wohnen und uns ein Lokalblatt von der Nordsee wenig bringt. Jaja, kein Problem, wir streichen Sie aus der Liste.

Ein Dreivierteljahr später ruft mich jemand an, ob ich vielleicht ein Probeabo der Küstenzeitung wolle. Ich habe dann dieselbe Geschichte erzählt: Probeabo im Urlaub, wohne in Süddeutschland, brauche keine Küstenzeitung, ob sie mich bitte aus ihrer Datenbank streichen könnten. Jaja, machen wir, kein Problem.

Sechs Monate später ruft mich wieder jemand an, ob ich vielleicht ein Probeabo der Zeitung wolle. Ich habe dann dieselbe Geschichte nochmal erzählt: Probeabo im Urlaub, wohne in Süddeutschland, brauche keine Küstenzeitung und sie möchten mich bitte aus ihrer Datenbank streichen. Jaja, machen wir, kein Problem.

So geht das seitdem – ein- bis zweimal im Jahr ruft wer an, ob ich vielleicht nochmal ein Probeabo möchte, das letzte Mal vor ein paar Tagen. Jedesmal erzähle ich dieselbe Geschichte. Jedesmal versprechen sie, mich aus der Liste zu streichen, diesmal wirklich. Ich bin noch nicht soweit, grundsätzlich alle Anrufe von mir unbekannten Nummern wegzudrücken, und diese Neuinterpretation von Und täglich grüßt das Murmeltier finde ich mittlerweile fast amüsant. Aber so richtig regelkomform ist das ja nicht.

Bei jedem Newsletter muss ein Unsubscribe-Link dabei sein, mit dem man sich weitere Kontaktversuche vom Leibe halten kann, außer man ist sowieso Kunde beim Versender. Bei solchen Telefonaktionen müsste das eigentlich auch gelten, oder? Vermutlich stellt die Zeitung ihre Potenzielle-Kunden-Datenbank zur Verfügung, ein Callcenter arbeitet jeweils die Telefonnummern ab. Hinterher nimmt die Zeitung nur die Probeabo-Wünsche zur Kenntnis. Alle sonstigen Vermerke, die die Leute vom Callcenter machen („Will aus Liste gestrichen werden“), werden einfach nicht zurückimportiert, und so werde ich wohl auf ewig potenzieller Probeabonnent der Küstenzeitung bleiben.

Wenn es in ein paar Jahrzehnten gar keine gedruckten Zeitungen mehr gibt, wird ein Urenkel am Telefon (oder was man dann so zur Telekommunikation nutzt) unerwartet eine muntere Stimme hören: Die Küstenzeitung kennen Sie ja. Wir haben da eine neue Aktion, hätten Sie Interesse an einem Probeabo?

Autor: gnaddrig

Querbeet und ohne Gewähr

4 Kommentare zu „Probeabo“

  1. Stimmt, die greift da bestimmt irgendwie. Aber ob so ein Callcenter-Mensch da irgendwelchen Einfluss hat?

    Vielleicht haben sie mich diesmal ja wirklich gestrichen. Und wenn nicht, gehe ich nächstes Mal direkt zu der Zeitung und motze.

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  2. Latürnich greift die DSGVO. Die Frage ist nur, ob das Löschbegehren bzgl. deiner Daten auch greift, wenn du es ggü. einem Mittelsmann äußerst. Wenn’s dich wirklich nervt, ist wohl eine E-Mail an den Verlag nötig.

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  3. Leider habe ich natürlich gar keinen Papierkram mehr von denen und kann so nicht überprüfen, ob ich die Weitergabe meiner Daten überhaupt erlaubt habe damals (vor DSGVO natürlich). Wenn, hätte ich gedacht, nur für die damals aktuelle Aktion, weil es ja auch hieß, das Probeabo ende automatisch und sei damit erledigt. Und eigentlich hätten die doch für die Weiterverwendung nach Einführung der DSGVO nochmal ausdrücklich fragen müssen? Ähnlich wie bei der Einführung der SEPA-Mandate für Lastschriften.

    Auch wäre es interessant, wieso ich über einen Mittelsmann Verträge eingehen (z.B. ein weiteres Probeabo abschließen), aber keine Aussage über die Verwendung meiner Daten machen können soll.

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In den Wald hineinrufen

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