Das Projekt

Ich träume mir jetzt mal was zusammen. Also: Ich habe mit einer Handvoll Freunde aus Unizeiten zusammengeschmissen und ein Grundstück am Rand einer Kleinstadt gekauft. Teil eines alten Bauernhofs, ca. 5.000 Quadratmeter mit einer Scheune, teils Backstein, teils Holz, und einem langer Backsteinschuppen. Erstaunlich billig weil etwas vergammelt. Das zugehörige Bauernhaus ist anständig zurechtgemacht, steht vorn an der Straße ca. 50 m entfernt und gehört wem anders.

Wir konvertieren die Scheune und den Schuppen in Wohnraum für sechs, sieben Familien. Obwohl, was heißt Familien, es ist gemischter Haufen – ein paar Singles, kinderlose Paare, und eben Familien. Mehrere Großeltern kreisen um das Projekt, die werden möglicherweise auch noch einziehen. Platz ist genug da, sogar ein Anbau wäre möglich. Die Idee ist sozusagen die Fortsetzung meiner alten WG mit anderen Mitteln. (Das bürokratische Alptraumpotenzial eines solchen Projekts mit Baugenehmigungen und weiß ich was lassen wir hier mal außen vor, die unvermeidlichen Reibereien bei so vielen Leuten auch, ich träume schließlich.)

Irgendwer ist immer am Bauen oder Werken, irgendwer kocht für die Allgemeinheit oder schmeißt den Grill an. Pausen werden gern mal länger, Gitarren kreisen, Flaschen auch. Unsere Kinder spielen mittendrin, und man weiß nie, ist es eher Arbeitseinsatz oder Party. Im Moment wohnen wir alle noch kreuz und quere, teils in improvisierten Lagern in der Scheune, teils in Zelten, zwei alten Wohnmobilen und einem Bauwagen, die auf dem weitläufigen Gelände genug Platz haben.

Zusätzlich zu den Wohnungen sind eine große Gemeinschaftswohnküche und ein Aufenthaltsraum geplant, die als Mitte des Projekts gedacht sind – da hält man sich auf, da gibt es immer wen zum Reden, Spielen, Musizieren, ist Platz für Feste.

Das meiste machen wir selbst. Eine von uns ist Architektin, wir haben einen Elektroingenieur und einen Maschinenbauer und einige handwerklich Versierte. Tischler- und Fliesenlegerarbeiten sind kein Problem. Mauern bringen wir uns bei. Sanitärinstallation und Heizanlage kaufen wir ein. Wir haben Zeit – die Wohnmobile sind winterfest, und für die Zeltbewohner haben wir bis zum Herbst vorläufige Unterkünfte in der Scheune fertig.

Die Kinder gehen im Städtchen zur Schule; manche von uns arbeiten online von zuhaus, andere pendeln, manche täglich, andere wochenweise. Wir haben es nicht eilig und können das ganze ziemlich ohne Stress angehen.

Wir haben ja ein winterfestes Dach über dem Kopf und die Finanzierung steht. Nebenkosten pro Kopf wie in einer normalen Mietwohnung, und statt Miete zahlen wir die Kredite ab, mit denen wir das Gelände und die Gebäude gekauft haben, und kaufen Material für den Um- und Ausbau. Nächsten Sommer soll Einweihung sein. Danach kommt der Garten dran, und dann ist dauerhaft Idylle. Gesellschaft, Kinderbetreuung, Versorgung von Haustieren und Pflanzen im Urlaub, Hilfe in fast jeder Notlage – alles kein Problem, irgendwer ist immer da und bereit, einzuspringen und anzufassen.

Eine Art modernes Bullerbü – ich fände das nett!

** * **

Die Idee für das Projekt stammt übrigens von meiner Frau, die oft viel besser weiß, wie es mir geht und was mir guttut und gefällt. Zumindest kann sie es besser auf den Punkt bringen als ich; weitergesponnen habe ich es aber selbst.

Autor: gnaddrig

Querbeet und ohne Gewähr

18 Kommentare zu „Das Projekt“

  1. Also, ich würde aus so einer Immobilie ein Luchszuchtgehege mit angeflanschter Heimorgel- und Synthesizerwerkstatt machen wollen… Generation um Generation immer die jeweils zahmsten Luchse miteinander verpaaren (dabei natürlich Inzucht vermeiden!), bis nach schätzungsweise 150 Jahren (ähnlich wie auf der Fuchsfarm in Sibirien) eine neue Unterart Lynx lynx domesticus entstanden ist! Und wenn ich nicht gerade meine Luchse zwecks Menschenprägung bespaße, rocke ich die Hammond B3 oder löte am YOOG (Yadgar’s Original Oscillation Gear) herum…

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  2. Das war, so ähnlich immer ein Traum. Und ist im Prinzip immer noch. Es gibt um mich herum einige, die das auch träumen. Bei uns wäre es vielleicht eher eine Renter-Wg. Wird wohl mangels Altersvorsorge, man so nennen könnte, auch ein Traum bleiben.

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  3. Ist vielleicht unangebracht, aber wie stelltest Du dir die Energieversorgung vor? Musste ja kommen vom Klimakirchenjünger. 🙂

    Aber auch, wenn’s nicht ohne Heizöl geht, alles Gute.

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  4. Das ist ein Detail, von dem ich nicht geträumt habe. Aber da das ja in Wirklichkeit sowieso nicht passiert, ist das auch egal…

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  5. Wer weiß. Aber dann muss man das ganze Ding sowieso von Grund auf neu ausdenken und planen, weil genau so wie ich mir das hier ausgemalt habe, wird es sicher nicht. Und wenn man eh planen muss, passt auch noch die Energieversorgung rein.

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  6. Sich sein eigenes Essen anzubauen ist – außer vielleicht der Haufen Arbeit – gar nicht mal so schlecht.

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  7. Und wenn’s nur ein Teil ist. Außerdem kann das Spaß machen, solange die Dreckarbeit nicht immer an demselben Einzelnen hängenbleibt.

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  8. @Herr Johannes bei den Furzen:
    „Geil! Eine mode[r]ne Hippie[-]Kommune!“

    Da sollte ich dann eigentlich mit einziehen, allein, um die durchschnittliche Haar- und Bartlänge etwas zu uppen! Ich bin übrigens überzeugter Nichtkiffer…

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  9. Bin übrigens überzeugter Cannabiskeksmampfer aus medizinischen Zwecken. Wär mein Traum, auf einen Bauernhof die autarke Selbstversorgung zu verwirklichen.

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  10. Zusatzbedingung, laut Tucholsky: Vorne raus zum Ku’damm, hinten die Ostsee. Die Art von Alterssitz schwebt mir auch vor 🙂

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  11. Klar. Und gleichzeitig auf dem Land, schön ruhig, saubere Luft usw., aber auch alles Nötige ganz in der Nähe – Einkaufsmöglichkeiten, Gastronomie, Kinos usw.

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In den Wald hineinrufen

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