Und sie bewegt sich doch nicht…

Es gibt ja die Vorstellung, die Erde sei flach. Keine Kugel, die um die ebenfalls kugelförmige Sonne rotiert, die ihrerseits in einer Galaxie mit vielen Milliarden kugelförmigen Sternen und Planeten durch den weiteren Weltraum kreiselt, die ihrerseits mit einem Galaxienhaufen durch die noch weiteren Weiten des Alls trudelt, sondern eben flach. Eine Art Pizza oder der Rücken einer Riesenschildkröte oder was auch immer.

Sonne, Mond und Sterne sind demnach natürlich auch keine Kugeln, die irgendwie umeinander rotieren, sondern was anderes. Lampen, Leuchtpunkte, optische Täuschungen, Hologramme, irgendwas. Es gibt eine lebhafte und sehr heterogene Community von Leuten, die eine Vielzahl von individuellen Modellen und Vorstellungen vertreten und sich im Prinzip nur darin einig sind, dass die Erde keine Kugel ist. Ein paar Highlights kann man sich hier anschauen.

Viele halten das mit der flachen Erde für Unsinn, die Kugelförmigkeit der Erde sei gut belegt, ebenso wie das gängige Weltbild überhaupt, das man uns in der Schule beibringt. Die Idee von der flachen Erde widerspreche allen möglichen Beobachtungen und lasse sich nicht mit bekannten Tatsachen vereinbaren und so.

Mag schon sein, aber vielleicht sind dann die „bekannten Tatsachen“ falsch und damit auch alles, was aus ihnen abgeleitet wird. Ich kann nämlich schlüssig zeigen, dass die Erde tatsächlich keine rotierende Kugel sein kann. Ob sie flach, schüsselförmig oder ein Hohlkörper ist, auf dessen Innenseite wir uns die Schuhsohlen ablaufen, weiß ich nicht. Aber eine Kugel im Sinne des gängigen Weltbildes kann sie nicht sein.

Das ist so: Man kennt ja Kettenkarussels. Wenn die sich drehen, schwingen die Sitze an den Ketten durch die Fliehkraft nach außen. Lange Haare hängen nicht Richtung Boden, sondern „stehen“ nach außen, von der Achse des Karussells weg, sofern der Fahrtwind sie nicht näher an die Kreisbahn drückt.

Wenn die Erde rotieren würde, müssten wir erstens die Fliehkraft merken – tun wir aber nicht. Niemandem fliegen die langen Haare nach oben vom angeblichen Erdmittelpunkt weg. Dinge fallen Richtung Erdmittelpunkt, wenn sie wegen der Fliehkraft eigentlich genau in die andere Richtung „fallen“ müssten. (Bei einer rotierenden Hohlerde würde die Fliehkraft dagegen genau das Verhalten langer Haare verursachen, das wir täglich beobachten!)

Nun könnte man einwenden, dass das Karussell für eine Umdrehung nur ein paar Sekunden braucht, die Erde aber angeblich 24 Stunden, weshalb die Fliehkraft auch viel geringer sei. Das ist ein trauriger Fehlschluss. Die Erde ist ja viel größer, deshalb müsste die Geschwindigkeit an der angeblichen Oberfläche viel höher als beim kleinen Karussell sein. Die Fliehkraft müsste also stärker und deshalb sehr deutlich zu spüren sein. Bei einer flachen Erde, die sich wie eine Schallplatte dreht, würden wir wie auf den Drehkarussellen auf Kinderspielplätzen von der Fliehkrafrt an den äußeren Rand gedrängt. Auch das passiert aber offensichtlich nicht.

Zweitens müsste Fahrtwind beobachtet werden – bei der Geschwindigkeit, die die Oberfläche der angeblichen Kugel haben müsste, wäre der erheblich, aber wir merken davon nichts. Es gibt hier keinen Fahrtwind.

Fazit: Die Erde kann keine rotierende Kugel sein, auf deren Oberfläche wir uns befinden. Entweder ist sie eine rotierende Hohlkugel und wir sind auf der Innenseite der „Schale“. Oder sie ist flach und rotiert nicht. Das letztere entpricht im Wesentlichen Weltbild, das Terry Pratchett in seinen Scheibenweltromanen skizziert. Und da Pratchett ein sehr guter Beobachter war und mit ganz vielen zunächst absurd anmutenden Dingen richtig lag, sehe ich nicht, wieso er ausgerechnet hier einen Fehler gemacht haben sollte. Q. e. d.

Autor: gnaddrig

Querbeet und ohne Gewähr

15 Kommentare zu „Und sie bewegt sich doch nicht…“

  1. Einleuchtend. Für den Teil mit der INNENseite der Hohlkugel habe ich etwas gebraucht. Ich war allerdings auch noch nie auf der Innenseite einer erdgroßen, rotierenden Hohlkugel.
    Aber die Sache mit dem Fahrtwind, ts, ts, ts. Da hätte ich jetzt schon noch die argumentatorische Widerlegung des Michelson-Morley-Experiments erwartet.

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  2. Sie wissen schon, dass dieser Blogeintrag nun von allen Flacherdlern genutzt wird, um ihr krudes Weltbild zu untermauern? Denen wird wahrscheinlich nicht bewusst sein, mit welch feiner Ironie und ebensolch feiner falschen Physik, Trugschlüssen und nicht-kausalen Zusammenhängen hier hantiert wurde. Voll fies… (aber witzig!)

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  3. Danke (für das „aber witzig“, die feine Ironie und „voll fies“). Klar, das könnten die Leute nutzen, das Argumentationsniveau dürfte passen. Aber es gibt ja sowieso schon eine unüberschaubare Fülle an Begründungen, Herleitungen und Argumenten pro Flacherde, da kommt es hier auch nicht mehr drauf an. Das ist ein Tropfen im Ozean. Insofern ist mein Gewissen rein…

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  4. Natürlich ist die Erde eine Hohlkugel auf deren Innenseite wir uns bewegen, wie Kollege Trithemius bereits bewiesen hat: würden wir außen auf einer Kugel umherlaufen, müssten sich unsere Schuhsohlen ja konkav nach unten wölben, tatsächlich aber sind sie konvex nach oben gewölbt.

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  5. Das Schuhsohlenargument ist natürlich ein gewichtiges. Gegen das Hohlerdemodell spricht aber das Problem der Frischluft – in der Hohlerde könnte man doch nie lüften, da wäre die Frischluft irgendwann verbraucht!

    Viel unterhaltsamer als das Flacherdmodell mit seinen ungeklärten Problemen (Was passiert, wenn man zu tief gräbt?) finde ich sowieso die Idee von der Würfelerde.

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  6. Ab da, wo er die Schallplatte der Flacherdler rotieren lässt, ist klar, dass sich der Autor mit der Materie nicht ernsthaft befasst
    haben kann.

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  7. Stimmt. Eingehende Beschäftigung mit der Materie ist aber auch nicht einfach. Nach einer Viertelstunde Astro Toni TV o.ä. brummt dem Autor meistens dermaßen der Kopf, dass er einen Schnaps und ein paar Titel kernige Musik bei kerniger Lautstärke braucht, um sich wieder zu erden. Die Leidensfähigkeit, da richtig einzusteigen, bringt der Autor nicht mit…

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  8. Bah Scheibe, bah Kugel! Die Erde ist natürlich wurstförmig, wie der Philosoph de Selby schlüssig nachgewiesen hat. Die entsprechende Literatur möchte ich hiermit dringend empfohlen haben.

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  9. Ich muss leider mal anmerken, bei TP rotiert die Scheibe (im Uhrzeigersinn) über den Rücken der Elefanten. Denn die vier Himmelsrichtungen sind: mittwärts, randwärts, drehwärts und entgegengesetzt. Die beiden letzten ergeben nur Sinn, wenn die Scheibe rotiert.

    Warum es allerdings nicht zu Reibungsproblemen (-wärme & -verletzungen) auf den Elefantenrücken kommt, ist ein Problem, welches die Zauberer der Scheibenwelt noch nicht ergründen konnten – und welches als „nicht relevant“ wahrscheinlich nicht bearbeitet wird. (Denn es funktioniert ja, also muss man sich nicht drum kümmern!) 😉

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  10. Kann ja sein, dass die Elefanten auf dem Rücken der Schildkröte im Kreis marschieren. Und bei Schritttempo käme es natürlich auch nicht zu nennenswerter Fliehkraft. Mit dem Weltbild ist also alles in Ordnung 😉

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  11. Die Elefanten stehen still. Der, der es mit Bewegung versuchte, ist abgerutscht und unter lautem Trompeten auf die Scheibenwelt gestürzt, wo er – bzw. seine Reste – heute weit unter dem Überwald-Gebirge für hervorragend auszubeutende Schmalzmienen sorgt… 😉 (siehe auch „Der fünfte Elefant“)

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  12. Ah. Das Detail muss mir entgangen sein bzw. ich habe es vergessen. Aber das mit den Elefanten und der Schildkröte fand ich an der Scheibenwelt sowieso immer ein bisschen nervig, das habe ich nach Kräften ignoriert.

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In den Wald hineinrufen

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